Vier Bahnhofsempfangsgebäude ohne Kenntnis der Stadt verkauft?

chemnitz_mitteFraktionserklärung zur Stadtratssitzung am 23. Januar 2008: "Sehr geehrte Frau Ludwig, sehr geehrte Damen und Herren, ich komme des öfteren spät abends, wenn es dunkel ist, mit der Regionalbahn aus Dresden. Weil es kürzer zu mir nach Hause ist, steige ich in Chemnitz-Mitte aus. Dazu gehört Mut, denn das Empfangsgebäude ähnelt im Inneren der Kulisse eines schlechten Horrorfilms.

Bahnhöfe, meine Damen und Herren, sind genauso Stadteingänge wie Straßen. Denken sie beispielsweise daran, dass ein wichtiger Zugang für auswärtige Touristen zum Gunzenhauser Museum der unmittelbar in der Nähe liegende Bahnhof Mitte ist.

Doch wer hat diese optische Schande, diese nachhaltige Abschreckung für jeden zugreisenden Chemnitzgast zu verantworten? Natürlich die Deutsche Bahn – in diesem Falle der Eigentümer DB Station & Service AG – wenn man dem Antwortscheiben der Oberbürgermeisterin vom 21.12.2007 auf eine Bürgeranfrage aus der letzen Einwohnerversammlung glauben möchte.

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN jedenfalls glaubt das nicht, denn nach uns vorliegenden, offiziellen Informationen der Deutschen Bahn wurden die Bahnhofsempfangsgebäude Chemnitz-Mitte, Chemnitz-Süd, Chemnitz-Zwönitzbrücke und Chemnitz-Siegmar bereits Anfang Dezember 2007 an ein Bieterkonsortium aus den Unternehmen Patron Capital (London) und Procom Invest (Hamburg) verscherbelt. Weil – so heißt es in einer Presseinformation der DB vom 04.12.2007 – "die Empfangsgebäude für die Durchführung des Schienenpersonenverkehrs nicht mehr notwendig sind". Das wundert wenig, denn die Deutsche Bahn hält ja den Schienenpersonverkehr an sich für nicht mehr notwendig – zumindest auf vielen Strecken nicht. Spannend wird es in der besagten Pressemitteilung jedoch, wo es heißt: "Die betroffenen Empfangsgebäude wurden zuerst den Kommunen zum Kauf angeboten."

Davon weiß Oberbürgermeisterin Ludwig nämlich rein gar nichts, denn sie schreibt dem besagten Bürger aus der Einwohnerversammlung Ende Dezember, dass der Stadt Chemnitz keinerlei Vertragsangebote der Deutschen Bahn AG zum Ankauf der Bahngebäude vorlägen – und das zu einem Zeitpunkt, wo deren Verkauf bereits beschlossen war!

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, ob die DB tatsächlich kein Angebot gemacht hat oder ob dies nur ohne ihr Wissen in irgendeinem Bürgermeisteraktenschrank vor sich hinschlummert, wissen wir nicht. Aufklären können nur Sie das.

Doch hier geht es um mehr als die Aufklärung eines Widerspruchs. Hier geht es um die Entwicklung unserer Stadt, denn die Bahnhöfe sind zentrale Orte für Identifikation und Information. Sie sind nicht nur Schnittstellen zum Nahverkehr, sondern ein Aushängeschild für das Stadtmarketing.

Das, was mit der Verknüpfungsstelle Hauptbahnhof von Stadt, ZVMS und DB schwerfällig begonnen wurde, muss sich mit mehr Elan fortsetzen bei Umbau und Revitalisierung der Stadteil-Bahnhöfe und ihrem Umfeld. Es gibt nämlich immer noch unerschrockene Frauen und Männer, tapfere Mädchen und Jungen, die sich mit dem Zug nach Chemnitz trauen. Und wir sind uns sicher alle einig, wenn ich sage: Chemnitz will seine Gäste freundlich begrüßen – egal wo sie ankommen oder aussteigen."

Volkmar Zschocke, Fraktionsvorsitzender

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