Verbesserung der Lebensqualität im Chemnitzer Norden

Beschlussvorschlag:

Die Stadtverwaltung wird beauftragt, für die Wohn- und Gewerbegebiete beidseitig des Chemnitzflusses, beginnend von der Eckstraße bis zur Bornaer Straße im Jahr 2008 einen Maßnahmenplan gemäß Anlage 2 zur Verbesserung der Lebensqualität zu erarbeiten und dem Planungs- Bau- und Umweltausschuss vorzulegen. Mit den Maßnahmen sollen bestehende Interessen- und Nutzungskonflikte zwischen Anwohnern und Gewerbetreibenden entschärft werden. Bei der Erarbeitung des Maßnahmenplanes sollen Anwohner, Bürgerinitiativen, Gewerbetreibende und ggfls. das Regierungspräsidium beteiligt werden.

Ergebnis:

Der Antrag wurde in der Sitzungen des Planungs-, Bau- und Umweltausschusses am 11.03.2008 abgelehnt. Siehe dazu auch die Stellungnahme der Verwaltung.

Antragsbegründung:

Die Wohngebiete beidseitig des Chemnitzflusses, beginnend von der Eckstraße bis zur Bornaer Straße, sind durch Industrie und Gewerbe stark belastet. Die Art des angesiedelten Gewerbes (Abfall(zwischen)lagerung, -behandlung und -recycling, Bauschuttrecycling, Schrotthandel, Stadtreinigung, Lagerung von Sonderabfällen, Gießerei etc.) sind mit starkem Schwerlastverkehr und erheblichen Immissionen verbunden. Darüber hinaus existieren  unsanierte Altlastenverdachtsflächen wie z.B. Gießereigelände in direkter Nachbarschaft von Wohngebäuden. Der Antrag hat das Ziel, gesundes Wohnen neben verträglichen gewerblichen Nutzungen nachhaltig sicherzustellen.

Im Gebiet befindet sich beispielsweise die Betriebsstätte Chemnitz der REMEX Mineralstoff GmbH. Dieses Unternehmen ist darauf spezialisiert, große Mengen mineralischer Abfälle und Materialien sowie industrielle Nebenprodukte zu transportieren und zu verarbeiten. Die ebenfalls im Gebiet ansässige Becker-Umweltdienste GmbH arbeitet in den Geschäftsfeldern Hausmüll- und DSD-Entsorgung, Einsammeln von Schadstoffen aus Haushalten, Gewerbe und Industrie, Übernahme von Schadstoffen im Havariefall sowie Zwischenlagerung und Entsorgung von besonders überwachungsbedürftigen Abfällen. In unmittelbarer Nähe befindet sich die Entsorgungsdienst Chemnitz GmbH, welche sich auf Entsorgung und Verwertung von DSD-Leichtverpackungen, Papier, Pappe und Kartonagen sowie Containerdienst spezialisiert hat. Im Sommer 2007 kam es auf dem Gelände dieser Firma zum Großbrand einer Lagerhalle. An das Heizkraftwerk Chemnitz Nord schließt sich stadtwärts die TROMPETTER GUSS CHEMNITZ GmbH an, bei der momentan im Rahmen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes eine Anlagenerweiterung geplant und geprüft wird.

Die Kumulation der Ansiedlung dieser Art von Gewerbe, aber auch deren schrittweise genehmigten Erweiterungen in den vergangenen Jahrzehnten führten zu steigenden Belastungen der Anwohner im Gebiet. Der seit Jahren immer wieder aufflammende Bürgerprotest bündelt sich nunmehr in einer Bürgerinitiative – dem Verein zur Verbesserung der Lebensqualität im Chemnitzer Norden e.V.

Anlage 2 – Vorschlag für Maßnahmenplan:

In dem Plan sollen verschiedene Maßnahmen zusammengeführt werden, welche geeignet sind, die bestehenden Konflikte zu entschärfen sowie mehr Transparenz bei Anlagengenehmigungen und -überwachung zu ermöglichen. Folgende Maßnahmen werden dazu von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Prüfung vorgeschlagen:

Verkehrliche Maßnahmen w.z.B.:

  • Vorzeitige Einordnung von Tempo-30 Zonen, z. B. im Bereich Bornaer Straße

  • Maßnahmen zur gezielten Lenkung des Schwerlast- und Containerverkehrs (LKW-Führungskonzept)

  • Anordnungen und Überwachung der Containerabdeckung beim Transport – insbesondere von Bauschutt oder Gießereisanden

  • Weiterführung des B-Planverfahrens "Gewerbegebiet Borna-Mitte/Blankenburgstraße" mit dem Ziel, die verkehrliche Erschließung des Gebietes anwohnerverträglich zu regeln

Maßnahmen der Bürgerbeteiligung w.z.B.:

  • verbindliche Information und Beteiligung der Grundstücksnachbarn und Bürgerinitiativen vor behördlich Genehmigung von Neuansiedelung, Veränderungen oder Erweiterung von Unternehmen bzw. betrieblicher Anlagen

  • Einsatz von Umweltmediationsverfahren in verhärteten Konfliktfeldern

Planerische Maßnahmen w.z.B.:

  • Weiterführung des B-Planverfahrens "Gewerbegebiet Borna-Mitte/Blankenburgstraße" mit dem Ziel, bestimmte Nutzungen im Interesse der Anwohner durch Festsetzung im B-Plan auszuschließen

  • Begrünungskonzeption zur Schaffung grüner Schutzstreifen in besonders sensiblen Grenzbereichen zwischen Wohn- und Gewerbenutzung.

  • Verlagerung bestimmter Unternehmen bzw. Unternehmensteile

Genehmigungsrechtliche Maßnahmen w.z.B.:

  • Sicherstellung des Gesundheitsschutzes der Anwohner gegebenenfalls auch über das Instrument der nachträglichen Anordnung

  • Konsequente Einschränkung der Ablagerung großer, insbesondere brennbarer  Abfallmengen unter freiem Himmel durch geeignete Festlegungen und Kontrollen

 

Mündliche Begründung:

"Die Konflikte im Chemnitzer Norden sind klassisch: Obwohl Gesetze und Grenzwerte von Gewerbebetrieben angeblich eingehalten werden, empfinden hunderte Anwohner den Gewerbebetrieb als extrem störend – und das seit Jahren.

Die Anwohner beharren auf ihren Forderungen, die Firmen auf ihrer Rechtsposition, die Stadtverwaltung steht dazwischen – zum einem Recht und Gesetz, zum anderen den Bürgern verpflichtet. Die Konflikte schaukeln sich hoch, einzelne Akteure – wohlbemerkt auf beiden Seiten – werden unsachlich, die Positionen verhärten sich.

Aufgabe der Kommunalpolitik muss es sein, diese Konfliktdynamik zu durchbrechen. Dazu gehören mindestens 2 Dinge:

Erstens zu akzeptieren, dass Anwohner weiteichende, auch unrealistische Forderungen stellen dürfen. Das ist nirgendwo verboten und auch kein Grund, bestimmte Bürgerinitiativen deshalb zu diskreditieren.

Zweitens die Bereitschaft der Stadt zu Maßnahmen und Beteiligungsverfahren, unabhängig davon, ob diese gesetzlich vorgeschrieben sind oder nicht. Alles das, was nicht ausdrücklich gesetzlich vorgeschrieben ist ja deshalb nicht gleich unzulässig. Ein positives Beispiel dafür ist z. B. die neue Verfahrensweise im Zusammenhang mit der Errichtung von Mobilfunkmasten.

Genau in diese Richtung zielt unsere Antrag. Mit dem Vorschlag, gemeinsam mit den Firmen und Bürgerinitiativen einen Maßnahmenplan zu erarbeiten, schlagen wir eben vor allem eine freiwillige Methode der Konfliktbearbeitung vor. Sie können jetzt natürlich sagen, das ist alles nur grünes Schaulaufen, dass wird entweder sowieso gemacht oder ist nicht umsetzbar oder entfaltet keine rechtsverbindliche Wirkung. Sie können aber auch sagen: Ja, wir wollen so eine Methode, so einen Dialog mit den Beteiligten – einfach um alles zu versuchen, die Konflikte vor Ort zu entschärfen."

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