2. Offene Fraktionssitzung – Chemnitz im Stau

IMG_4787Chemnitz und Stau? Die geneigte Leserin wird den Widerspruch sofort feststellen – in Chemnitz existiert faktisch kein „Verkehrsstau“. Vielmehr existiert er (noch) in weiten Teilen der Chemnitzer Verkehrspolitik. Nur 46 Prozent aller Wege werden in Chemnitz ohne Auto zurückgelegt. Um den Ursachen auf den Grund zu gehen und Alternativen aufzuzeigen, lud unsere Fraktion zur 2. offenen Fraktionssitzung am 23.09.2010 ein. Mit Michael Hasse, Verkehrsplaner beim ISUP Dresden und Prof. Dr. Udo Becker, Professor für Verkehrsökologie an der TU Dresden konnten zwei ausgewiesene Experten gewonnen werden.

Becker zeigte zunächst auf, dass sich die Mobilität in den letzten Jahrzehnten nicht erhöht hat, sondern nur der Verkehr. Die Wege für die Einzelne wurden aufgrund falscher Siedlungsstrukturen (z.B. Einkaufcenter auf der Grünen Wiese) verlängert, ohne einen wirklichen Vorteil. Urbane Strukturen – mit verschiedenen kleinen Läden – konnten dem Konkurrenzdruck oft nicht standhalten. Langfristig wird diese Entwicklung nicht mehr haltbar sein (Verknappung der Ressourcen, demografischer Wandel etc.). Ziel muss es aus seiner Sicht sein, „Bedürfnisgerechte Mobilität (für alle) mit weniger Verkehr“ zu schaffen.

Wie werden wir uns also in 20 Jahren fortbewegen? Der Vorteil der „sanften Mobilität“ liegt hier auf der Hand – Fuß- und Radverkehr benötigen keine fossilen Energieträger. Bus- und Bahnverkehr verbrauchen pro Kopf deutlich weniger Energie als ein PKW-Nutzer. Die Grundfrage nach der Mobilität aller Menschen in und um Chemnitz, muss somit zum Leitprojekt der Verkehrspolitik werden. Hasse zeigte am Beispiel verschiedener anderer Städte die Potenziale des Radverkehrs auf. Den oft genutzten Einwand „Chemnitz ist topografisch gesehen für den Radverkehr nicht geeignet“, widerlegt er schlüssig. Warum konnte dann Dresden – obwohl es topografisch nicht perfekt für den Radverkehr geeignet ist – seinen Radanteil am Gesamtverkehrsaufkommen auf 16 Prozent steigern?

Wichtig ist die Gesamtbetrachtung des Radverkehrs als System. Dazu gehören genügend sichere Abstellflächen in der Innenstadt, eine logische und einfache Verkehrsführung, Fahrradmitnahme im ÖPNV und viele weitere kleine Parameter, welche die Nutzung des Rades erleichtern. Die verschiedenen Bausteine wurden kurz erläutert. (siehe dazu den Vortrag von Michael Haase PDF Chemnitz_Gruene_2010). Herausgehoben wurde am Ende die positive Kommunikation des Radverkehrs. Ohne eine entsprechende finanzielle Untersetzung wird es allerdings sehr schwer werden, in Chemnitz die kritische Masse an Radfahrerinnen zu übersteigen.

Abschließend konnten in der Diskussion weitere Aspekte angesprochen werden. Wird werden verschiedene Punkte in den kommenden Wochen und Monaten angehen und hoffen dabei auf eine breite Unterstützung bei den Chemnitzerinnen und den Stadträtinnen.

Martin Schmidt

Vortrag Prof. Becker

Vortrag Michael Haase

Die weibliche Form wurde absichtlich gewählt. Selbstverständlich dürfen sich aber auch alle Menschen anderen Geschlechts angesprochen fühlen.

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