Einbringungsrede von Martin Schmidt zum BA 007/2011 „Verzicht auf Atomstrom bei eins energie“

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste,

wir begrüßen ausdrücklich die Ankündigung der „eins energie“ zu den geplanten Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren. Mit unserem zweiten Antrag „Verzicht auf Atomstrom“ wollen wir diesen Weg unterstützen und bitten sie dafür um Zustimmung. Lassen sie mich bitte auf einige – scheinbare – Gegenargumente eingehen.

Gegenargument 1.

Der Wegfall der Atomzurechnung würde erhebliche Preisaufschläge nach sich ziehen.“, schreibt Frau Oberbürgermeisterin Ludwig in Ihrer Stellungnahme.

Diese Argumentation ist nicht logisch, da sich die „eins energie“ durchaus berechtigt dafür rühmt, nur 8% Atomstrom im Portfolio zu haben. Insofern dürfte dieser geringe Anteil preislich kaum Auswirkungen haben. Warum soll er aber jetzt der entscheidende Faktor sein und zu Mehrkosten führen? Fakt ist, eine Reihe von kommunalen und privaten Unternehmen verzichten – z. T. schon über Jahre – auf Atomstrom und diese sind preislich auf dem Markt durchaus konkurrenzfähig. Als Beispiel seinen hier die Stadtwerke Traunstein und die EW- Schönau angeführt.

Gegenargument 2.

Den Weg, welchen die Stadtwerke Jena gehen, ist reines Alibi.“ Die Stadtwerke Jena verzichten seit dem 01.04.2011 auf Atomstrom. Nach unseren Informationen kauft Jena keinen „Graustrom“ an der Börse zu und verzichtet damit tatsächlich auf Atomstrom. Insofern ist die Kritik, es sei ein reines Alibi, falsch. Wie konkret der Zubau bei den „Erneuerbaren Energien“ in Jena erfolgen soll, können wir kurzfristig nicht abschließend beurteilen.

Gegenargument 3.

Ohne Atomstrom gehen in Deutschland, Sachsen und Chemnitz die Lichter aus.“ Selbst die größten Anhänger der Atomenergie bezweifeln nicht mehr, dass eine Versorgung mit 100% EE möglich ist. Derzeit werden Leitungs- und Speicherargumente vorgeschoben. Es wird also in Chemnitz kein Licht ausgehen, wenn der Atomstromanteil beseitigt wird. Global gesehen spielt die Atomenergie mit 2-3% am Primärenergieverbrauch eine geringe Rolle.

Gegenargument 4.

Ohne die Atomenergie sind wir noch abhängiger von Öl und Gas.“ Dieses Argument muss tatsächlich berücksichtigt werden. Es führt unweigerlich zur Diskussion über Energieeinsparung und Effizienz. Dennoch ist die Frage der Abhängigkeit bei der Atomkraft ebenso aktuell. 100% des Urans müssen importiert werden. Und wenn die Bundesregierung im Jahr 2009 mitteilt, dass über 50% des Urans aus Frankreich und GB kommen, können wir mit Sicherheit sagen, dass dies nicht die Herkunftsländer sind. Schauen wir dann genauer hin, entdecken wir den Uranabbau z.B. im Niger. Die dortigen Abbau- und Folgeschäden spielen leider in der derzeitigen Diskussion keine Rolle.

Gegenargument 5.

Atomstrom ist preiswert.“

Wie bereits beim ersten Gegenargument ausgeführt, ist diese Rechnung sowohl betriebswirtschaftlich als auch volkswirtschaftlich falsch. In unserer Begründung haben wir als Beispiel die Naturstrom AG aufgeführt – diese kommt seit Jahren ohne Atomstrom aus. Volkswirtschaftlich gesehen werden bestimmte Folgekosten einfach auf den Steuerzahler umgelegt – ganz im Gegensatz zu den EE. Sie ärgern sich eventuell über die Umlage auf Ihrer Stromrechnung, aber mangelnde Transparenz ist dies nicht.

Ob nun Endlagerung, Atommülltransport oder Begrenzung der Versicherungspflicht auf lediglich 2,5 Mrd. Euro – die volkswirtschaftlichen Gesamtkosten widerspiegeln sich nicht im Strompreis. Tragen müssen wir und unsere Kinder diese Kosten trotzdem. Würden die Kosten eingepreist, wäre Atomstrom überhaupt nicht vermarktbar.

Übrigens: Laut aktueller Umfragen ist die Mehrheit der Deutschen bereit, vorübergehend mehr für den Strom zu bezahlen, um einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren Energien zu ermöglichen. Wir wollen, dass Energie auch in Zukunft bezahlbar bleibt. Deswegen brauchen wir eine schnelle Energiewende.

Lassen sie mich abschließend auf ein gutes Bild des Berliner „Tagesspiegel“ eingehen, welches am 17.03.2011 erschienenen ist. Physisch kommt der Strom immer aus der Umgebung des jeweiligen Versorgers, egal welcher Anbieter gewählt wurde. Entscheidend ist aber die Gesamtbilanz, die mit einem See und vielen Zuläufen gut erklärbar ist. Über diese Zuläufe entscheiden wir als VerbraucherInnen und Kommunen mit. Insofern wir weiter auf „Atom-Bächlein“ setzen, wird der gesamte See nicht sauber. Wichtig ist, dass das Wasser in den „Bächlein“ weiter fließt, was durch einen Zubau von erneuerbaren Energien möglich ist – aber ohne die „Atomsuppe“. Lassen sie uns unser „Bächlein“heute säubern.

Ja zu erneuerbaren Energien bei der „eins energie“, ja zum Verzicht auf Atomstrom – wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Vielen Dank!

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