Rede zum Beschlussantrag „Vertragliche Regelungen zum Umbau des Stadions an der Gellertstraße“

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, sehr geehrte Gäste,

die Meinung unserer Fraktion zum Stadionneubau hat sich nicht verändert. Die Notwendigkeit eines neuen Stadions ist uns bewusst. Das alte ist marode, wie viele Sportstätten in unserer Stadt. Aber die Art der Finanzierung lehnen wir nach wie vor ab. Die Stadt hangelt sich von einem Konsolidierungskonzept zum nächsten und zwischendurch werden Prestigeobjekte erbaut. Das können wir den Menschen nicht mehr erklären. Solide Haushaltspolitik bedeutet für uns: Erst muss die finanzielle Schieflage der Stadt in Ordnung gebracht werden und Bestandseinrichtungen wie der Tierpark, die Musikschule oder auch viele Schulen und Kitas in Ordnung gebracht werden, ehe man sich neuen Großprojekten zuwenden kann. Alles andere ist finanzpolitische Tollerei.

Und die neuen vertraglichen Regelungen, welche fast gar nichts mehr mit dem Grundsatz-beschluss zum Stadionbau zu tun haben, sehen wir für die Stadt als noch kritischer an. Vor allem dass der Stadt das Stadion jetzt direkt gehört. Seien sie sich bitte bewusst, wenn wir heute über die vertraglichen Grundsätze zum Stadion entscheiden, dass im doppischen Haushalt die Rückstellungen für die Abschreibungen eine weitere hohe finanzielle Belastung für die Stadt bedeuten und dass umsatzabhängige Mieten immer kritisch zu bewerten sind, denn durch organschaftliche Verbindungen und durch Ausgliederungen kann der Umsatz in großen Teilen frei gestaltet werden. Seien sie sich bewusst, dass der Verein in der zweiten Bundesliga 4 Mio. und in der ersten Bundesliga 10 Mio. EURO an Fernsehgeldern erhält, aber die Stadt das Stadion trotzdem jährlich mit mindestens 1,3 Mio. subventioniert. Seien sie sich bewusst, dass die Stadt die Betriebskosten von ca. 700.000 Euro pro Jahr selbst tragen muss, falls der Verein einmal in Insolvenz geht. Und seien sie sich bewusst, dass im Nachgang für notwendige Infrastrukturmaßnahmen wie verkehrsableitende Straßen und Buswendeschleifen Geld aus dem städtischen Haushalt fließen wird.

Auch sind viele Fragen offen. Wozu wird die GGG überhaupt noch benötigt? Man braucht keinen Zwischenhändler. Die Stadt hat eigene Bauämter. Oder sind die Zuschüsse an den CFC genehmigungspflichtig – verzerren sie den Wettbewerb zwischen Profivereinen, die ja wie normale Firmen zu behandeln sind?

Aber es wäre auch anders gegangen. Der Köpenicker Stadtteilverein Union, der fußballerisch in Berlin nur die 2. Geige spielt, verzichtet gerade sehr bewusst beim 17 Mio. teueren Neubau der Haupttribüne auf eine städtische Beteiligung. Diese soll lieber in die Nachwuchsförderung investiert werden. 2,0 Mio. Euro bringt der Verein durch immer mehr Mitglieder und leicht erhöhte Beiträge selber auf. 3,0 Mio. Euro steuert die neu gegründete Stadionbetriebs AG bei – durch Aktienverkauf an die Mitglieder. 3,0 Mio. kommen von UFA Sports, der Vermarktungsagentur von Union und 7 Mio. Euro erhält der Verein von der DKB als Kredit. Die restlichen 2 Mio. Euro erbringen die Mitglieder von Union unter denen auch etliche Gewerbetreibende sind, in Eigenleistung – in Arbeitseinsätzen. So einen innovativen Weg hätten wir uns für Chemnitz auch gewünscht. Eine stärkere Einbeziehung der Wirtschaft und der Vereinsmitglieder. Dann hätten wir gern einem Zuschuss in angemessener Höhe für den Stadionneubau zugestimmt. Einer Förderung, wie sie auch andere Sportvereine dieser Stadt erhalten.

Aber dieses scheinbare Rundum-Sorglos-Paket lehnen wir ab. Für Verein und Stadt kann es schnell zu einem lästigen Rucksack werden, oder ein Fass ohne Boden für den städtischen Haushalt. Und das ist unfair gegenüber allen Bürgern. Mit den nächsten EKKo werden sie dafür bezahlen müssen.

Thomas Lehmann
Fraktionsvorsitzender

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