Fraktionserklärung Thomas Lehmann zum Tietz-Konzept

„Uns liegt ein Papier vor, wo Entwicklung drauf steht, aber Abwicklung drin ist“, so Stadtrat Thomas Lehmann in der Stadtratssitzung am 18. September 2013 zum Konzept für das Tietz.

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte, sehr geehrte Gäste,

die ersten Haushaltsplanungen liegen vor. Die Lage bleibt wie zu erwarten sehr angespannt. Positiv zu bewerten sind die Investitionen in den Sport und vor allem in die Schulen. Und das ist gut so. Denn Bildung für jeden zugänglich und in hoher Qualität anzubieten, ist eine der Hauptaufgaben der Gesellschaft. Deshalb ist es nicht verständlich, dass im Gegenzug die Leistungen unseres Bildungsbetriebes Tietz heruntergeschraubt werden sollen. Uns liegt ein Papier vor, wo Entwicklung drauf steht, aber Abwicklung drin ist.

Der Medienetat soll um 50.000 Euro gekürzt und im gleichen Atemzug die Jahresgebühr erhöht werden. Der Zugang zu Bildung wird damit weiter erschwert. Ja wollen wir denn die Nutzer der Bibliothek mit Macht vertreiben? Schon jetzt ist Chemnitz mit 1,2 Medien pro Einwohner unterversorgt. Tendenz dann weiter fallend. Der Richtwert liegt bei 2.
Und um weitere 10.000 Euro in die klammen Kassen fließen zu lassen, werden den Lesern Fallen gestellt. Wenn sie reintappen und ein Buch zu spät abgeben, werden Säumnisgebühren fällig. Das ist dreist, das ist Abzocke, das ist Wegelagerei. So gewinnt man keine Leser, so treibt man sie weg.

Dem gerade erst eingerichteten zukunftsweisenden e-Learning droht das Aus. Über die neuen Medien werden derzeit ca. 100 Kurse angeboten. Ja, wollen wir denn zurück in die Steinzeit? Dafür werden dann Aquafitness-Kurse  angeboten, weil die mehr Geld bringen. Das Tietz ist doch kein Planschbecken oder gar ein zweites Sportamt.
Auch soll die Auslastung der Kurse der Volkshochschule durch gezielte Werbung erhöht werden. Nichts dagegen. Hätte man auch schon vor zwei Jahren machen können und das ganz ohne Stadtratsbeschluss. Nur eins macht stutzig. Der Werbeetat des Tietz wird fast auf null gefahren. Mehr Werbung ohne Geld – wie geht das denn?

Die Öffnungszeiten des Naturkundemuseums sollen verringert werden. Die Zeiten zwischen 17 und 20 Uhr sollen entfallen. Übersetzt heißt das: Arbeitstätige Bevölkerung nicht mehr erwünscht.
Auch der geplante Personalabbau bleibt im Reich der Spekulationen und Annahmen stecken. Die Alterspyramide steht einem Ausscheiden von Mitarbeitern in den nächsten vier Jahren antagonistisch gegenüber. Sollen denn die Mitarbeiter zusammen mit den Lesern vertrieben werden?

Das vorliegende Papier ist kein Konzept. Hier werden Koffer gepackt, ohne das Reiseziel zu kennen. Das Papier gehört zurück zum Verfasser. Im Januar 2011 forderten wir ein Bibliothekenkonzept bis zum November 2011.
Durch Zusammenarbeit aller Bibliotheksstrukturen der Stadt wollten wir die Kosten bremsen, ohne Leistungsverlust zu erleiden. Herr Rochold vertröstete uns immer auf ein Gesamtkonzept zum TIETZ.
Auch das liegt noch nicht vor. In unseren Augen eine grobe Missachtung des Stadtrates.

Wir Grünen fordern die Verwaltung und insbesondere Herrn Rochold auf, die heutige Beschlussvorlage zurückzunehmen. Sie ist
betriebswirtschaftlicher Unfug. Es gibt genug Maßnahmen, die das TIETZ ohne Ratsbeschluss umsetzen kann, um im Jahr 2014 einen halbwegs ausgeglichenen Wirtschaftsplan vorlegen zu können. Bis Mai 2014 fordern wir ein Konzept für das TIETZ ohne neuerlichen Beschluss. Außerdem einen Vorschlag für neue innovative Strukturen in der gesamten Kulturverwaltung, Musikschule und Kulturbüro mit eingeschlossen. Dabei sollte sich am erfolgreichen Jenaer Eigenbetrieb Kultur orientiert werden.
Sehr geehrte Damen und Herren, am Ende sei noch in Erinnerung gerufen, dass unser Bildungsbetrieb keine Schuld an der viel zu hohen Miete trägt. Das haben Bürgermeister und Stadträte zu verantworten.

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