Aus Anlass des heutigen Internationalen Frauentages haben die Fraktionen der LINKEN, SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Beschlussantrag eingereicht, der festlegt, bei neu zu vergebenden oder zur Umbenennung stehender Straßennamen Frauen vordringlicher zu beachten.
Fast einhundert Jahre nach der erstmaligen Zulassung des Frauenwahlrechts zur Deutschen Nationalversammlung ist eine tatsächliche Gleichberechtigung längst nicht erreicht. Daher hat sich die Stadt Chemnitz auf Grundlage eines Stadtratsbeschlusses zum Beitritt zur Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene verpflichtet und den ersten Chemnitzer Gleichstellungsaktionsplan-Aktionsplan erarbeitet. Dieser sah auch die Erhöhung des Anteils weiblicher Straßennamen als städteplanerisches Ziel vor.
Dass diesem guten und wichtigen Ansinnen nun in der Öffentlichkeit eine solche Geringschätzung bis hin zur Verächtlichung widerfuhr, erschüttert nicht nur die einreichenden Fraktionen, sondern auch alle Frauenverbände und –initiativen, die sich in ihrer täglichen Arbeit für Gleichstellung einsetzen.
Der Antrag drängt mithin zuerst auf die Umsetzung bereits bestehender Zielvorgaben, die in den vergangenen Jahren jedoch wenig voran kamen.
Exemplarisch sei die Benennung der Hegelstraße genannt, dessen Würdigung unstrittig ist. Für deren Begründung wurde auf die im Umfeld benannten Straßen verwiesen, nämlich die nach Philosophen benannten Kantstraße und Fichtestraße. Die Benennung nach Georg Wilhelm Friedrich Hegel entsprach den Kriterien des Vermessungsamtes und ist hinsichtlich der Verdienste Hegels unstrittig, wie auch die Abstimmung im Stadtrat zeigte. Gleichfalls in direkter Umgebung liegt jedoch die nach dem Pädagogen benannte Fröbelstraße. Hedwig Burgheim stand beispielsweise als verdiente Pädagogin in der Tradition Fröbels und wäre eine gleichfalls würdige Namensgeberin gewesen.
Weiterhin ist klarzustellen, dass der Antrag – entgegen anderslautender Mutmaßungen – besagt, dass die Erhöhung des Anteils weiblicher Straßennamen durch neu zu vergebende oder sowieso zur Umbenennung stehender Straßen – beispielsweise bei Namensdopplungen – vordringlich beachtet werden soll. Hierdurch entstehen keine zusätzlichen Kosten, weder für die Stadt noch für Anwohner oder Geschäfte. Auch werden keine zusätzlichen Verwaltungsstrukturen gefordert, vielmehr sind die Chemnitzerinnen und Chemnitzer eingeladen, selbst Ideen einzubringen.
Mit der Zielsetzung, bei neu zu benennenden Straßen weibliche Namen vordringlich zu berücksichtigen, wird sich nicht ein Kran langsamer drehen, keine Kita-Erzieherin weniger eingestellt und keine Streife des Stadtordnungsdienstes gestrichen. Dass die Antragstellenden Fraktionen die Prioritäten der Stadt im Blick haben, zeigen nicht nur die vielfältigen weiteren Beschlussanträge auf den vergangenen sowie zukünftigen Tagesordnungen der Stadtratssitzungen, sondern insbesondere auch die über 80 Änderungsanträge mit teilweise erheblichen Investitionsvorhaben zur Haushaltsdiskussion im Februar.
Ein Antrag, der die Wertschätzung gegenüber den Leistungen von Frauen in den Fokus nimmt, ändert nichts an der Ernsthaftigkeit der Stadtratsarbeit. Er gehört dazu und nennt eine Selbstverständlichkeit des 21. Jahrhunderts beim Namen.
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