Christin Furtenbacher

Rede: Faules Sicherheitsversprechen mit hohem Preis

Der Stadtrat soll heute mittels eines saftigen städtischen Zuschuss die Einführung einer großangelegten Videoüberwachung in Chemnitz absegnen – und zwar durch die Hintertüre. Die Stadt zieht sich bei dem heiklen Thema so weit wie möglich aus der Affäre und überlässt es städtischen Betrieben. Wir GRÜNE werden diesen Freifahrtschein zur Kontrolle der gesamten Innenstadt nicht erteilen. Videoüberwachung verhindert keine Straftaten, sondern verdrängt sie allenfalls. Der Innenstadtrand wird sich freuen. Kein Dealer oder Haler wird sich wegen der Kameras einen neuen Job suchen, sondern einfach einen neuen Arbeitsort. Auch kein Sexualstraftäter wird anständig, nur weil es Kameras gibt. Effektive Kriminalitätsbekämpfung braucht Prävention, Streetwork und eine gut ausgestattete Polizei und kein Filmset.

Dieses faule Sicherheitsversprechen hat einen hohen Preis. Mit fast 40 Kameras wäre Chemnitz Überwachungsspitzenreiterin in Sachsen. Die Nebenkosten zu den hier überplanmäßig bereitzustellenden Mitteln, nämlich schwere Eingriffe in die Bürgerrechte und in die Privatsphäre, werden in der Vorlage mit keiner Silbe erwähnt.

Damit bin ich beim Thema Datenschutz. Während jeder kleinste Verein, jedes kleinste Unternehmen gerade Verantwortung übernimmt und sich mit der Verwendung von Personendaten befasst, sparen sich die Verfasser der Vorlage jegliche Aussage zum Thema Datenschutz. Es gibt soweit ich weiß weder ein fertiges Datenschutzkonzept zum Überwachungsvorhaben, noch liegt eine Bewertung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten dazu vor. Es ist nicht klar, welche Bereiche überwacht werden sollen. Das Mindeste, das einer verantwortungsbewussten Entscheidung hier zugrunde liegen sollte, ist doch eine genaue Darstellung der zukünftig gefilmten Bereiche. Mir ist nicht klar, ob die Kameras nur Flächen der C3 und der CVAG behelligen werden, oder nicht doch öffentliche Flächen einbezogen sind. Und wenn ja, auf welcher Rechtsgrundlage. Und es gibt keine Aussagen darüber, welche Technik zum Einsatz kommen soll – sprich: Was die Kameras können. Sprechen wir über Gesichtserkennung? Über die Erstellung von Bewegungsprofilen?

Ich spare mir jetzt, die Liste offener Fragen hier weiter auszuführen. Aber ich kann absolut nicht nachvollziehen und es macht mich wütend, wie man bei so einem sensiblen, weitreichenden und großangelegten Vorhaben all diese wichtigen Punkte für die Beschlussfassung ausklammern kann.

Keine und keiner, der Datenschutz ernst nimmt und der den Anspruch hat, sorgfältige und gewissenhafte Entscheidungen für die Chemnitzerinnen und Chemnitzer zu treffen, kann dieser Vorlage heute mit ihrem mageren Informationsgehalt zustimmen.

Rede der GRÜNEN-Stadträtin Christin Furtenbacher zur Videoüberwachung im Stadtrat Chemnitz am 23.04.2018

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