Anfang Dezember kamen die bündnisgrünen Bundestags- abgeordneten Monika Lazar und Wolfgang Strengmann – Kuhn nach Chemnitz, um mit 50 Interessierten über die Ergebnisse des 3. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung zu sprechen. Lesen Sie hier den Veranstaltungsbericht von Steffi Zaumseil:
Bericht von Steffi Zaumseil:
Anfang Dezember kamen die bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten Monika Lazar und Wolfgang Strengmann-Kuhn nach Chemnitz, um mit 50 Interessierten über die Ergebnisse des 3. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung zu sprechen.
Monika Lazar gab einen Überblick über das Ausmaß der Armutsentwicklung in Deutschland. So sind dem Bericht zufolge die Bruttolöhne im Untersuchungszeitraum real gesunken und die Teilzeiterwerbstätigkeit und die Vollzeiterwerbstätigkeit im Niedriglohnbereich hat stark zugenommen, was zu einer weiteren Spreizung der Einkommensschere geführt hat. Es ist ein deutlicher Anstieg von erwerbstätigen Hilfebedürftigen ("Aufstocker") zu verzeichnen. Außerdem ist eine Zunahme von prekär Selbstständigen festzustellen, was für diese fehlende soziale Sicherung zur Folge hat.
Wolfgang Strengmann-Kuhn betonte in seinem Vortrag die dramatische Steigerung der Armut insbesondere von Erwerbstätigen und Familien. Jedes vierte Kind ist heute von Armut betroffen und über vier Millionen Erwerbstätige leben unter der Armutsgrenze. Besonders hohe Armutsrisiken haben Arbeitslose und Alleinerziehende, wobei es bereits heute absolut mehr erwerbstätige als arbeitslose Arme gibt. Die Hälfte aller amen Kinder lebt in Erwerbstätigenhaushalten, betont Wolfgang Strengmann-Kuhn. Das heißt, die Eltern arbeiten und können trotzdem ihre Familie nicht ernähren.
Besondere Kritik übte er an den im Bundesbericht verwendeten Datensätzen, die nicht repräsentativ sind und das tatsächliche Ausmaß der Armut in Deutschland schönen. So kommt der Bundesarbeits- und Sozialminister Olaf Scholz im Widerspruch zu jeglichen sozialen Expertisen zu der Einschätzung, die Armutsrisiken seien seit dem letzten Armutsbericht stabil geblieben.
Intensiv wurde das von Wolfgang Strengmann-Kuhn vorgestellte Grundeinkommen diskutiert, welches armutsfest ist und die bestehenden Existenzängste bis hinein in die Mittelschicht abbauen würde. Auf die Frage, ob das Grundeinkommen tatsächlich eine Lösung für Arbeitslose sei, entbrannte sich eine Debatte darüber, wie wichtig zumindest bedingungslose Leistungen seien, die die gegenwärtige Stigmatisierung verhindern. Der ständige Nachweis der Arbeitsbereitschaft in einer Kommune, in der nicht genügend Bewerbungsmöglichkeiten vorhanden sind, sei menschenunwürdig. Dennoch ist es wichtig, dass alle individuelle Angebote bekommen. Einigkeit herrschte unter den Diskutanten über die Notwendigkeit eines Mindestlohnes, insbesondere in Verbindung mit einem Grundeinkommen. So könne vermieden werden, dass Arbeitgeber das Grundeinkommen als Einkommensbestandteil ihrer Arbeitnehmer ansehen und Löhne senken.
Gefragt wurde auch nach der Chancen der parlamentarischen Umsetzbarkeit in Deutschland. Wolfgang Strengmann-Kuhn verwies auf die Möglichkeit der schrittweisen Einführung. So könnte zunächst eine Kindergrundsicherung und Garantierente im Alter eingeführt werden, wobei die Renten- und Krankenversicherung in eine Bürgerversicherung umgewandelt, aber erhalten blieben.
Eines ist klar geworden: das Thema Armutsbekämpfung muss jetzt auf die politische Agenda.
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