Prof. Paech im Agendaforum zum Ende des Wachstums: Die zweite Chance ist die letzte

Manfred Hastedt, Leiter des Umweltzentrum Chemnitz, berichtet über das von ihm initiierte Forum im Rahmen der Agenda 21 am 13. Oktober mit Prof. Niko Paech zum „Ende des Wachstums“.

Schon die Überschrift kündigte eine gewisse Alternativlosigkeit an: Ende des Wachstums: Die zweite Chance ist die letzte. Der Saal im DAStietz war bis auf den letzten Stuhl besetzt. Sehr viele waren zum 15. Agendaforum gekommen, um den Volkswirtschaftler Prof. Niko Paech von der Universität Oldenburg mit Lehrstuhl Umweltökonomie und Nachhaltigkeitsforschung zu hören. Der Referent ist Wissenschaftlicher Beirat bei attac und Vorsitzender der Vereinigung Ökologische Ökonomie.

Finanzkrise, Klimawandel, Ressourcenknappheit…für keines der Probleme gibt es einfache Lösungen. Aber klar ist auch, dass ein Weiter so nicht möglich ist. Der Nachhaltigkeitsdiskurs durchlebt einen gravierenden Perspektivwechsel. Speiste er sich bisher aus dem ökologischen Imperativ oder wenigstens kommenden Generationen einen bewohnbaren Planeten zu hinterlassen, geht es mittlerweile um ökonomischen Selbstschutz. Das als „Peak Oil“ bezeichnete Phänomen weitet sich zum „Peak Everything“ aus. Die schnell wachsende Kluft zwischen Ressourcennachfrage und –angebot beschwört ökonomische Eskalationen von bisher nicht gekannter Qualität herauf, so Niko Paech.

Er zieht deshalb die Konsequenz: Nachhaltigkeit statt Wachstum. Beides gleichzeitig ist nicht zu haben. Die dringend überfällige Entlastung der ökologischen Lebensgrundlagen setzt zuallererst voraus, dass der Umfang an arbeitsteiliger Industrieproduktion nicht mehr wächst, für eine Übergangszeit sogar sinkt.

Das bedeutet, wir müssen unsere Ansprüche radikal zurückfahren. Also eine neue Form der Kunst zur Reduktion, die laut Paech auf Freiwilligkeit beruhen solle. Im Kern gehe es um die Entledigung von Wohlstandsschrott.

Dieses Denken hat viele Vorgänger wie Leopold Kohr, der sich gegen Größenwahn und zur Reform der Moderne für eine „Rückkehr zum menschlichen Maß“ aus sprach. Sein Schüler Fritz Schumacher verwendete 1973 in Großbritannien den Begriff „Small is beautiful“. Auch der ehemalige Leiter des Kirchlichen Forschungsheims Wittenberg, Dr. Hans Peter Gensichen, beschreibt den Weg in eine Gesellschaft des Weniger.

Zeit ist ein Engpassfaktor. Dabei kann „der Sprung aus dem täglichen Hamsterrad“ einer vollen Stelle positive Wirkungen erzielen und Energien für andere wichtige Aktivitäten freisetzen: mehr Zeit für die Kinder, Freunde, die pflegebedürftigen Eltern u.v.a. stünden zur Verfügung. Vieles kann gemeinsam genutzt oder man kann sich gegenseitig helfen. Manche praktizieren dies bereits. Die Politik muss solche Initiativen und Netzwerke stärken, Regionalität fördern. Die Wertschöpfungsketten, auf die unser Wohlstand beruht, müssen verkürzt werden. Eine neue Arbeitsteilung, Tauschringe oder Regionalwährungen nennt Paech als mögliche Bausteine für eine Postwachstumsökonomie.

Eine Postwachstumsökonomie zielt auf das Wechselspiel zweier Ansatzpunkte: Eine Anpassung von Ansprüchen (Suffizienz) an die Möglichkeiten, welche sich aus eigenen Fähigkeiten oder den nahe gelegenen, nicht vermehrbaren Optionen und Ressourcen speisen (Subsistenz).Dies bedeutet eine neue Balance zwischen Selbst- und Fremdversorgung. Angenommen, die durchschnittliche Erwerbsarbeit würde auf 20 Stunden reduziert, dann könnte das industrielle Fremdversorgungssystem halbiert werden. Zugleich würde damit Zeit frei, die genutzt werden kann, um marktfreie Versorgungsleistungen zu erbringen, so Niko Paech.

Die Veranstaltung endete mit einer regen Diskussion. Das Referat des Abends und weitere Schriften von Niko Paech können vom Umweltzentrum(manfred.hastedt@stadt-chemnitz.de) bereitgestellt werden.

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