Haushaltsrede 2016

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Öffentlichkeit.

Haushaltspolitik findet nicht im luftleeren Raum statt, sie ist geprägt von gesellschaftlichen Herausforderungen, von politischen, wirtschaftlichen und finanziellen  Rahmenbedingungen und den Prioritäten, die auf der Agenda von Politik und Bürgerschaft stehen.  
Die derzeit wichtigste Herausforderung für unsere Stadt stellt sich zweifellos zum Thema Asyl – Wie wird es uns gelingen, 2016 und in den Folgejahren, die uns zugewiesenen Menschen gut unterzubringen, zu versorgen und ihnen den Weg in unsere Gesellschaft durch Spracherwerb, Bildungschancen und Arbeitsmarktzugänge zu erleichtern. Mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 450.000 Euro für Schulsozialarbeit in den Berufsschulen und Schulen mit VKA reagieren wir auch auf die Anforderungen, die sich aus der Integration von Flüchtlingen in den Schulbetrieb ergeben. Gleiches gilt für die Aufstockung der Mittel im Bereich der sozialen Betreuung für Flüchtlinge durch Freie Träger in Höhe von 344.000 Euro und die notwendigen Personalaufstockungen in den beteiligten Ämtern und Einrichtungen.
Kritisch bleibt, dass Land und Bund hinsichtlich der Beteiligung an den Kosten der Aufnahme und Unterbringung der Flüchtlinge noch nicht schnell genug, nicht ausreichend genug und nicht vorausschauend genug reagieren. Insbesondere der Freistaat muss sich bei der Erstattung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz schneller bewegen. Es kann nicht sein, dass Chemnitz über einen Haushalt hinweg das Defizit aus dieser Aufgabe für den Freistaat zwischenfinanziert. Laut aktualisiertem Entwurf haben wir im Gesamtbereich Asyl ein Defizit in Höhe von über 11 Millionen Euro. Wir begrüßen es daher sehr, dass die Stadt alle Aufwendungen in diesem Bereich genau erfasst, um die ausreichende Beteiligung des Freistaates zu überprüfen.
Mit der Beschleunigung der Asylverfahren werden viele Menschen schneller als bisher in den Geltungsbereich des SGB II kommen und nach unserer KdU-Richtlinie eben auch entsprechenden Anspruch auf Wohnungen haben. Damit einhergehen wird ein deutlicher Anstieg der Kosten der Unterkunft. Das ist aus unserer Sicht ein noch nicht zu bezifferndes Haushaltsrisiko. Wir GRÜNE unterstützen die Position des Deutschen Städtetages, dass der Bund diesen flüchtlingsbedingten Anstieg der Unterkunftskosten vollständig übernehmen muss.
Zugleich sehen wir GRÜNE auch die großen Chancen, die sich aus der Migration in unsere Stadtgesellschaft ergeben und das nicht nur – aber auch –  mit Blick auf die Zuwächse bei den Einwohnerzahlen, die künftig nicht unerheblichen Einfluss auf Erträge für unseren Stadthaushalt haben können.
Im Rückblick auf das Jahr 2015 lässt sich aus unserer Perspektive sagen: Chemnitz hat beim Thema Asyl einen ausgezeichneten Job gemacht. Dafür gebührt Ihnen, Frau Oberbürgermeisterin, den Bürgermeistern und den Mitarbeiter*innen der Chemnitzer Stadtverwaltung unser ausdrücklicher Dank.
Der Stadtrat hat das Unterbringungs- und Betreuungskonzept beschlossen, wir haben eine hohe dezentrale Unterbringungsquote und einen Betreuungsschlüssel von 1:80 in diesem Bereich. Wir haben mit strukturellen Anpassungen, Personalaufstockungen und guter Kooperation mit freien Trägern zur Etablierung der Clearinghäuser auf die Herausforderung UmA reagiert. Die Bevölkerung wurde regelmäßig zu Einwohnerversammlungen zum Thema Asyl informiert, Diskussion wurde nicht gescheut.
Stadträt*innen engagieren sich ebenso wie viele, viele Chemnitzer*Innen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe. Auch ihnen gilt unser ausdrücklicher Dank. Gerade die Ehrenamtlichen Helfer*innen haben in der Zeit des fast kompletten Staatsversagens in Sachsen auch in Chemnitz das Heft des Handelns in die Hand genommen und der Staatsregierung Zeit verschafft.
Ja, aber jetzt bitte auch Übernahme von Verantwortung durch den Freistaat – Finanzen Unterbringung, Finanzen Integration
Hinsichtlich der Finanzausstattung durch den Freistaat noch Folgendes: Dass der Freistaat seit langem an der Finanzausstattung der kreisfreien Städte sägt, ist nicht neu und unverändert zu kritisieren. Dass jedoch im Windschatten des Investitionsprogramms „Brücken in die Zukunft“ eine massive strukturelle Umverteilung von Geldern des sächsischen Kommunalen Finanzausgleiches von den kreisfreien Städten hin zu den kreisangehörigen Gemeinden und Landkreisen mit einer Wirkung weit über das Jahr 2020 hinaus vorgenommen wird (OB hat da völlig recht), untergräbt die Handlungsfähigkeit unserer Stadt in erheblichem Maß. Ab 2017 wird Chemnitz 10 Millionen Euro weniger an Schlüsselzuweisungen bekommen, soll aber gleichzeitig in großem Umfang investieren.
Die daraus resultierenden Folgekosten belasten den Haushalt kommender Jahren und entziehen weiter Mittel für laufende Aufgaben wie Kinder- und Jugendarbeit, Prävention im Gesundheitsbereich oder Instandhaltung der kommunalen Infrastruktur.
Dass es nach der Anhörung des „Gesetzes zur Stärkung der kommunalen Investitions- und Finanzkraft“ im Landtag  für den Bereich des Programms „Brücken in die Zukunft“ zu einer „Neudefinition des Investitionsbegriffes“ gekommen ist, verdanken wir der Intervention der Oberbürgermeisterin und der guten Vertretung von Chemnitz im Sächsischen Landtag. Zumindest ein Teil dieser Mittel können wir nun auch für dringend notwendige Instandhaltungen verwenden. Von dieser „Die Lex-Chemnitz“ profitieren  übrigens alle und auch dafür gebührt ihnen Dank, Frau Oberbürgermeisterin.
Abschließend noch ein paar Worte zum Thema Chemnitzer Sport.
Nach Auffassung unserer Fraktion hat die Stadt in den letzten Jahren zu viel Geld in
den bezahlten Fußball investiert. Das betrifft nicht nur die Kosten des Stadions, es betrifft auch dem CFC erlassene Pachtzahlungen. Wir gehen davon aus, dass die in den Haushalt 2016 eingestellte Summe der Pachtzahlung in Höhe von 180.000 Euro nunmehr auch durch den CFC gezahlt wird.
Neuorientierung am deutlichsten: „Die Chemnitzer Bäder befinden sich teilweise in einem schlechten und veralteten Zustand. Aufgrund fehlender Investitionen in der Vergangenheit wurden die Schwimmbäder zum größten Teil auf Erhalt betrieben und nicht modern erweitert.“
Dieser Satz aus dem Sportentwicklungsplan hat leider nichts an Aktualität verloren. Wir brauchen dringend moderne Schwimmbäder mit ausreichenden Kapazitäten für die Absicherung der Pflichtstunden im öffentlichen Bereich – Schulschwimmen, Studenten, Feuerwehr, Polizei, aber auch für den Breiten- und Leistungssport. Auch deshalb bilden die Investitionen/Instandsetzungen im Bereich Schwimmbäder einen Schwerpunkt im Bereich des Sports. Mit dem heutigen Beschluss werden wir zudem die Grundlagen für das neue Allwetterbad am Standort Bernsdorf legen. Besonders wichtig ist uns, dass nach Jahren des Stillstandes endlich auch Bewegung in die Sanierung des Schwimmkomplexes im Sportforum kommt.

Petra Zais
Stv. Fraktionsvorsitzende

 

Die Rede zum Download als PDF: Haushaltsrede 2016 Zais

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